Keine Erstattung von Pflegeleistungen und Miete von Pflegehilfsmitteln

Keine Erstattung von Pflegeleistungen und Miete von Pflegehilfsmitteln bei Aufenthalt im europäischen Ausland

Die Europäische Kommission wurde durch die Beschwerde eines Ehepaars, welches im Jahre 2006 gegen die Deutsche Verwaltung (Pflegekasse) eine Beschwerde gerichtet hatte, aufmerksam darauf, dass die §§ 36, 37 und 40 SGB XI, im Falle des vorübergehenden Aufenthalts eines in der Pflegeversicherung Versicherten in einem anderen Mitgliedsstaat als der Bundesrepublik Deutschland (im konkreten Fall hielten sich die Versicherten im sonnige Spanien auf), unter Verstoß gegen Art. 56 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union) deutlich geringere Leistungen als bei einer Pflege innerhalb Deutschlands vorsähen.
Daraufhin hat die Europäische Kommission eine entsprechende Feststellung vor dem Europäischen Gerichtshof beantragt. Der Europäische Gerichtshof hat jedoch die Ansicht der Kommission zurückgewiesen in einem Urteil vom 12.07.2012, C-562/10.
Danach gibt es, dies dürfte meist für langjährige Aufenthalte in den südeuropäischen Mitgliedsstaaten zutreffen, für einen solchen Aufenthalt nach deutschem Recht keine Erstattung der Miete von Pflegehilfsmitteln sowie keine Pflegesachleistungen bei häuslicher Pflege. Die entsprechende Regelung im deutschen Recht verstößt auch nicht gegen Art. 56 AEUV.

Befreiung von der Rentenversicherung – Anwälte, Apotheker, Syndici kämpfen um ihr Befreiungsrecht.

Nach einer Entscheidung des Sozialgerichts Münster vom 05. April 2012, Aktenzeichen S 14 R 75/11, hatte der Kläger als Absolvent der ersten und zweiten juristischen Staatsprüfung keine Chance, mit seinem Antrag von der Sozialversicherungspflicht zur Rentenversicherung befreit zu werden. Standhaft weigert sich das Sozialgericht Münster, die inzwischen gängigen Kriterien zur Feststellung des Berufsbildes des Klägers anzuwenden.

Mit dem Hinweis darauf, der Kläger verfolge die Mitgliedschaft in einer überkommenden alternativen Versorgungsmöglichkeit, welche sich die sogenannten Freiberufe in ihren Versorgungswerken geschaffen haben, aus diesem Grunde müsse der Kläger auch einem überkommenen Bild der freien Berufe entsprechen, stellt sich der tapfere Richter Witt auf die Seite der überkommenen Rentenversicherungen.

Ein Urteil, welches die betroffenen Juristen, aber auch andere Berufsangehörige wie Ärzte, Apotheker etc. sorgfältig lesen sollten, um die überkommene Motivation solcher Urteile mit einer mutigen Berufung zu beseitigen.

Standhaft leugnet das Gericht die von namhaften Juristen entwickelten vier Kriterien, deren Bejahung den sicheren Schluss auf die Ausübung einer Rechtsanwaltstätigkeit in Unternehmen zulassen. Sorgfältig verengt es seinen liebenden Rentenversicherungsblick auf das herkömmliche Bild der Anwaltstätigkeit und verschließt sich so der sinnvollen Versicherung freier Berufe.

Hier hilft das Urteil des Sozialgerichts München vom 30. September 2011, S 12 R 370/11. Es hat, zutreffend, den dortigen Kläger von der Rentenversicherungspflicht befreit, weil dieser rechtsentscheidend, rechtsgestaltend, rechtsberatend und rechtsvermittelnd als Leiter des Bereichs Berufshaftpflicht einer Versicherung tätig war. Auf dieser klaren Grundlage wird die Tätigkeit eines Rechtsanwalts als solche bestätigt. Und nicht mit einer Verunglimpfung der Versorgungswerke, die hervorragende Anlagepolitik und sichere Versorgung für die Angehörigen der freien Berufe gewährleisten und alles andere als überkommen ist.

Auch derjenige, der bei einer Versicherung als Sachbearbeiter prozess-/regressbeschäftigt ist, kann sich befreien lassen. Er ist rechtsberatend, rechtsentscheidend, rechtsgestaltend tätig (SG Köln, 15.12.2011, S 31 R 865/10).

Der Arzt in einem großen Pharmakonzern, der dort mittels seiner ärztlichen Kunst, und nicht nur als einfacher Vertriebsangestellter, ärztliches Wissen bei seiner Tätigkeit anwendet, um Kenntnis über die richtige Anwendbarkeit von Medikamenten transportiert, ist zu befreien, ebenso wie der Apotheker, welcher ständig auf sein Fachwissen zurückgreift, um in einem Arzneimittelkonzern Fachwissen an die Börse zu transportieren und mit Analysten fachkundig auf einer Ebene zu diskutieren..

Hier lohnt es sich, zugunsten einer zielgerichteten und effektiven Absicherung im Alter den mühsamen Weg eines Prozesses auf sich zu nehmen und vor der Sozialgerichtsbarkeit sein Recht auf Befreiung zu erstreiten. Befreiung nicht nur von der Rentenversicherung, sondern auch von der Rechtsprechung des Sozialgerichts Münster.

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Milliardenbeitragsforderung des Deutschen Rentenversicherung Bund

Milliardenbeitragsforderung des Deutschen Rentenversicherung Bund nach dem Beschluss des BAG über die mangelnde Tariffähigkeit der CGZP?

Am 14.12.2010 hat das Bundesarbeitsgericht eine Rechtsbeschwerde des Arbeitgeberverbandes AMP, des BVDs und der Tarifgemeinschaft CGZP zurückgewiesen und damit endgültig festgestellt, dass die CGZP nicht tariffähig ist. Hieran knüpft sich unter anderem die Frage, ob die betroffenen Arbeitnehmer in den Betrieben in der Lohnhöhe den nicht überlassenen Arbeitnehmern gleichgestellt werden müssen ( § 9 Arbeitnehmerüberlassunggesetz + „equal-pay-Prinzip), und zwar auch in der Vergangenheit, und sich hieran erhebliche nachträgliche Beitragsforderungen der gesetzlichen Rentenversicherung knüpfen.

Am 1. April 2009 hatte das Arbeitsgerichts Berlin vom 1. April 2009 (35 BV 17008/08) die Tarifunfähigkeit des CGZP bestätigt. Es ist wiederum vom Landesarbeitsgericht Brandenburg (23 TaBV 1016/09) am 7. Dezember 2009 bestätigt worden.

Überschlägig muss mit Nachforderungen von rund einer halben Milliarde EUR pro betroffenem Kalenderjahr gerechnet werden. Die Nachforderungen stehen den Sozialversicherungsträgern grundsätzlich rückwirkend für vier Jahre zu. Die Ansprüche verjähren in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind (§ 25 Abs. 1 SGB IV). Die Durchsetzung der Lohnansprüche der betroffenen Arbeitnehmer ist das eine, die Verwirklichung der Beitragsforderungen das andere. Auch ohne dass die Arbeitnehmer ihre Lohnansprüche geltend machen, können die Beitragsansprüche der Sozialversicherungsträger entstehen, denn in der Sozialversicherung gilt grundsätzlich das Entstehungsprinzip:

Der Beitrag richtet sich nach dem Entgelt, das als Einnahme aus der Beschäftigung definiert ist. Die Beitragsforderung kann auch von einem höheren als dem tatsächlich zugeflossenen Entgelt erfolgen, wenn der Arbeitnehmer im Entstehungszeitraum zusätzliche Entgeltbezüge hätte beanspruchen können. Denn die Beitragsansprüche entstehen, sobald ihre im Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen (§ 22 Abs. 1 SGB IV). Dabei genügt es, wenn der Anspruch auf das höhere Entgelt bestand. Ob es tatsächlich geflossen ist oder von den betroffenen Arbeitnehmern durchgesetzt worden ist, ist unerheblich. Das in der Sozialversicherung geltende Entstehungsprinzip bestimmt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung auch den Beitragsanspruch bei untertariflicher Bezahlung.

Bis heute herrscht allerdings noch keine völlige Klarheit, ob der Beschluss des BAG überhaupt in die Vergangenheit wirkt. Dazu wird auf die schriftliche Begründung des BAG-Beschlusses verwiesen, die noch nicht vorliege.

Allerdings kann schon jetzt angemerkt werden, dass die Rechtsproblematik nicht neu ist. Bereits seit dem Abschluss der Tarifverträge kam der Verdacht auf, dass diese mangels Tariffähigkeit der Beteiligten nicht wirksam sein könnten. Die Frage, ob dann der Abschluss der Tarifverträge nicht hätte abgebrochen werden müssen, und daher das weitere Vorgehen der betroffenen Verbände nicht bedingt vorsätzlich war, ist nicht so weit von der Hand zu weisen. Für diesen Fall könnte die Forderung bis zu 25 Jahre zurückverfolgt werden.

Durchaus erscheint es daher möglich, dass auch für die Vergangenheit die Beitragsforderungen durch die Deutsche Rentenversicherung Bund verwirklicht werden könnten.

Da die Entleihfirmen als selbstschuldnerische Bürgen jeweils in der Haftung stehen (§ 28e Abs. 2 Satz 1 SGB IV), können die möglicherweise nachzufordernden Beiträge auch von ihnen eingefordert werden, wenn der Verleiher seine Verpflichtung nicht erfüllt. Entleihfirmen können die Zahlung nur insoweit verweigern, wie die Beiträge nicht beim Verleiher unter Fristsetzung gemahnt wurden.

Bei den sich abzeichnenden Betriebsprüfungen wird zum einen darauf zu achten sein, ob die Höhe der behaupteten Beiträge nachvollziehbar behauptet wird. Ferner wird überlegt werden müssen, inwieweit die Deutsche Rentenversicherung Bund nicht ebenfalls Kenntnis von der Rechtslage hatte und daher auf die Ausschlussfrist des § 45 Abs. 5 SGB X verwiesen werden muss. Für diesen Fall wäre die Forderung auf die Summe aus einem Jahr beschränkt und im Übrigen ausgeschlossen.

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